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Willkommen in der digitalen Welt. Teil II. Dr. Google weiß alles.

Dr. med. Frédéric H. Witte, 04.08.2024
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Dr. Google weiß alles

Jedes Jahr steigt die Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen weltweit um acht bis neun Prozent. Alle neun Jahre kommt es zu einer Verdopplung aktueller Fachinformationen.

In der US-Datenbank Medline sind mehrere Millionen Artikel aus allen Bereichen der Medizin gespeichert. Täglich kommen bis zu 4.000 neue Beiträge hinzu. Für den Alltag praktisch tätiger Ärztinnen und Ärzte ist nur ein Bruchteil davon wichtig. Und doch müssten sie, um in ihrem Fach einigermaßen auf dem Laufenden zu bleiben, im Schnitt 20 Artikel täglich lesen (Quelle: BM für Bildung und Forschung, BRD, April 2016)?. Doch wer hat dafür die Zeit Wir wissen auch, dass die Patienten bei einem vollständigen, zeitgerechten und korrekten Wissenstransfer von den gewaltigen diagnostischen und therapeutischen Fortschritten profitieren (Quelle: Wernli & Freund; Eröffnung SDÖGHO 2015).

Wenn das Internet alles weiß, dann brauche ich nur einen Internetzugang, um auch alles zu wissen. Warum sollte ich mich quälen und Wissen erwerben, wenn Wikipedia tausendmal mehr weiß, als ich?

Als Vertreter der jungen Generation gehe ich Visite und habe dafür 2 Stunden Zeit. Um Punkt 12 Uhr sollen alle Anweisungen getroffen sein, damit an diesem Tag viele Aufträge umgesetzt werden können. Ich visitiere 30 Patient:innen; klopfen, eintreten, „Grüß Gott, wie geht es?“, ein kurzes Gespräch, Medikamente anpassen, Interaktionen checken, Diagnostik veranlassen, Entlassungen planen, Sozialdienste aktivieren. Im Schnitt treffe ich pro Patient 5 Entscheidungen, in Summe somit 150 Entscheidungen in zwei Stunden, nur dann bewegt sich das Rad und der Stationsbetrieb läuft. Wenn diese Entscheidungen nicht getroffen werden, steht der Betrieb. Bei 5 Entscheidungen (3 %) berate ich mich mit Dr. Google, mehr Zeit habe ich nicht. 145 Entscheidungen treffe ich aufgrund meines Wissens (97 %). Nur wer das Wissen hat, wird die Probleme sehen, wird in der Problemlösung sehr viel effizienter sein. So geht es allen Ärzt:innen, sie alle können die Fülle ihrer Aufgaben nur leisten, wenn sie viel wissen.

Wenn wir wissende Ärzt:innen im Gesundheitssystem brauchen, stellt sich die Frage, wie der Wissenstransfer 2024 bei der jungen Generation von Ärzt:innen gelingen kann. Ein Zauberwort ist dabei die Multichannel Kommunikation, ein Begriff der eigentlich aus dem Marketing kommt.